Definition: Religiöser Glauben ist eine starke, rein subjektive Überzeugung, die nicht auf rationalen Argumenten oder Tatsachen beruht, sondern u. a. eher auf Hoffnungen und Wünschen und dem Vertrauen in den Glauben anderer Leute.
Inhaltsverzeichnis:

      Der häufigste Einwand
      Wahrheit ist selten komisch
      Unsinn ist die Quelle für Humor
      Ich bin total verrückt, bitt verschon mich mit Kritik!
      Gibt es auch logische Einwände gegen das Argument?
      Hängen Raumzeit und Materie/Energie wirklich zusammen?
      Fazit

 

Der häufigste Einwand

Natürlich ist der häufigste Einwand gegen Argumente dieser Art der, dass man die ↑Logik nicht auf Gott anwenden sollte. Das ist nichts weiter als ein Denkverbot: Denke nicht darüber nach, denn das Ergebnis könnte unerfreulich sein. Warum Gott der ↑Logik unterliegt, speziell unser Denken über ihn der ↑Logik folgen muss, habe ich ausführlich in dem Buch »Der unglaubliche Glauben « begründet. Es ist ein fundamentaler Widerspruch, wenn man behauptet, dass Gott nicht der ↑Logik unterliegt, aber angeblich die Basis für Moral und den Sinn des Lebens sein soll.

Wenn man Gott nicht logisch erklären kann, ist der Glaube an ihn sinnfrei. Es handelt sich um eine bequeme Ausrede, die nichts weiter besagt als: Ich will nicht darüber nachdenken. Fein, das nehme ich zur Kenntnis. Das heißt aber, wenn man über Gott nicht logisch nachdenken kann, dass dies ein Eingeständnis der Tatsache ist, dass der Glauben an ihn irrational ist. Dann kann man den Glauben nur noch psychologisch erklären, als ein Ausdruck des Wunschs nach dem Irrationalen.

Es bedeutet auch, dass der Glaube eine Quelle des Humors ist. Humor entspringt einer plötzlichen Wendung der Dinge. Die logische Form des non sequitur  ( = es folgt logisch nicht) ist eine immens wichtige Quelle der Belustigung. Deswegen müssen Gläubige ihre Ansichten auch gegen Blasphemie und Kritik schützen, möglichst mit Gesetzen. Oder eine spezielle Form des Respekts einfordern. Die Wahrheit muss man weder mit Gesetzen schützen, noch vor ↑Logik, oder vor Kritik, oder gar Blasphemie. Über die Wahrheit macht sich auch kaum jemand lustig, und wenn man es versucht: Es ist nicht komisch. Daher reden wir auch von »der bitteren Wahrheit«. Eine »komische Wahrheit« nennen wir es, wenn wir den Verdacht haben, dass es alles andere als wahr ist.

 

Wahrheit ist selten komisch

Komik, die aus der Wahrheit entspringt, richtet sich stets gegen die Ansichten von Personen, nicht gegen die Wahrheit selbst. Die Menschen schätzen es nicht, wenn man so auf ihre Kosten Scherze macht. Humorlose Personen verwechseln zudem eine »diese Ansicht ist komisch« mit der Auffassung, sie selbst seien komisch. Manchmal ist das auch so. Aber ich lache über den Witz und nicht die Person aus.

Dass sich also einerseits gläubige Individuen dazu herablassen, die ↑Logik für ihre Ansichten abzuwehren, aber nicht mit den Konsequenzen leben wollen oder können, ist verständlich. Es ist ihr Pech, dass man Spötter über die Religion heutzutage nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrennen kann. Daher schielen ein paar Christen neidisch auf den Islam, wo der gewalttätige Mob Kritik mit Gewalt begegnet, und so die Kritiker einschüchtert. Diesen Schutz hätte man auch gerne.

Nochmal: Nicht Personen sind lustig, aber ihre Ansichten können es sein. Humorverbot ist dann Kritikverbot: Ich will aber total verrückte Ansichten haben, aber nicht mit den Folgen leben, dass diese lustig sind. Das Ansinnen selbst ist schon sehr komisch - ich will etwas tun, aber nicht für die Konsequenzen geradestehen ist normalerweise etwas, was wir Kleinkindern zugestehen können.

 

Unsinn ist die Quelle für Humor

Man kann der Einstellung, dass der Glauben nicht mit ↑Logik betrachtet werden soll, also nur mit Humor begegnen, aber nicht mit noch mehr ↑Logik. Weil jemand, der die ↑Logik nicht anerkennt, sich durch noch mehr davon nicht beeindrucken lässt. Reiner Unvernunft kann man nicht mit Vernunft beikommen – aber mit Humor, siehe [Schleichert 2017]. Deswegen ist die Furcht vor Humor auch umso verbreiteter, je unsinniger die Auffassungen sind.

Je größer die Furcht vor Humor in einer Religion ist, umso berechtigter ist diese Angst. Umso aktiver versuchen diese Religionen auch, zu missionieren: Wenn einer etwas Dummes tut oder sagt, dann sagt die Mehrheit, dass es dumm ist. Wenn aber eine Mehrheit etwas Dummes tut oder sagt, dann ist »normal« und anerkannt. Das führ dazu, dass je verrückter eine Religion ist, umso stärker missioniert sie. Neben dem Verbot von Blasphemie und der Androhung von Gewalt gegen Andersdenkende ist das der wichtigste Schutz eines Glaubensbekenntnisses dagegen, für irrational oder verblödet gehalten zu werden.

Das ist der Grund dafür, warum mehr für Irrationalität als für Rationalität missioniert wird. Obwohl Letzteres tausendmal wichtiger und wertvoller und gesellschaftlich nützlicher wäre. Was die Religionen an guten Dingen auf der einen Seite für die Gesellschaft tun, wird durch die Verbreitung irrationalen Denkens auf der anderen Seite wieder gründlich zerstört.

Die meisten Unfälle, beispielsweise, entstehen durch die Hoffnung »es wird schon irgendwie gut gehen«. Das ist aber zugleich der Kernglauben des Christentums. Man handelt also sehr christlich, wenn man so denkt.

 

Ich bin total verrückt, bitt verschon mich mit Kritik!

Ein Muslim hält den Glauben eines Christen für eine komplette Verrücktheit (und umgekehrt). Aber wenn dasselbe ein Atheist über eine der beiden Religion sagt, dann fallen die Gläubigen über ihn her und sagen »Wie respektlos«. Was natürlich auch heißt: Sie wären nie bereit, anderen die Respektlosigkeit zuzugestehen, die sie für ihr selbstverständliches Recht anderen gegenüber halten. Keine der großen Religionen könnte jemals auf der Basis »gleiches Recht für alle« bestehen.

Je früher man Kinder mit Religion »indoktriniert«, umso weniger werden sie diese für verrückt halten (die anderen dafür aber umso mehr). Wenn man als Erwachsener das erste Mal vom Christentum hört, erscheint es einem als ebenso dumm, als wenn man von Scientology hört. Dass die Menschen hier zwar in lautes Gelächter ausbrechen, wenn sie die zentralen Glaubenssätze von Scientology hören, aber nicht, wenn sie die Geschichte von Jesus hören, ist eine reine Frage der Gewohnheit.

Also gegen den Einwand »Dafür gilt die ↑Logik nicht« hilft nur lautes Lachen. Es ist auch auf eine sehr dumme Weise sehr komisch und lustig. Es handelt sich sozusagen um »verbalen Splastick«. Jede Verrücktheit lässt sich so verteidigen - warum sollte man diese Ausrede also bei irgendjemandem  gelten lassen? Welche andere Ansicht, außer einer, die komplett dumm ist, hätte denn auch so eine Ausrede überhaupt nötig?

Man kann nur auf den Mitleidsbonus setzen: Ich bin total verrückt (= bewusst irrational), bitte verschon mich mit Kritik. Oder: Ich bin total durchgeknallt, dagegen wehre ich mich mit Gewalt. Oder: Ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank, aber wenn Du das sagst, macht mich das krank.

Kurz, die Aussage »Dafür gilt die ↑Logik nicht« lasse ich ebenso wenig als Ausrede gelten, wie ein Gläubiger das tun würde, wenn ich mich darauf beriefe. Man kann es gegenüber einem Gläubigen mal versuchen:

Gläubiger: Das Universum schließlich muss ja einen Ursprung haben, denn von Nichts kommt nichts.

Atheist: Für den Anfang des Universums galt die ↑Logik nicht. Wenn die ↑Logik nicht gilt, dann kann sehr wohl etwas aus dem Nichts entstehen.

Gläubiger: Wie blöd muss man sein, so eine faule Ausrede zu akzeptieren!

Atheist: Nicht wahr?

 

Gibt es auch logische Einwände gegen das Argument?

Ja. Der Haupteinwand ist der Versuch, eine Art »Parallelzeit« zu etablieren. Gott lebt in seiner eigenen Zeit, die Welt in der ihren. Aber damit diese Welt existieren kann, müsste ein Gott auch in der Zeit dieser Welt agieren: Bevor er das kann, müsste aber in der Welt erst mal schon Zeit vergehen. Ohne diese Zeit – und damit mit Raum, Materie und Energie – hätte Gott aber keine Zeit, um die Zeit zu erschaffen.

Ein zweiter und ungleich raffinierterer Einwand besteht darin, das Universum mit einer Computersimulation zu vergleichen. Dies löst aber das Problem nicht, denn der »Simulator« müsste in einer Zeit existieren, in der bereits Raum und Materie existiert. Und der mit demselben Argument dann auch annehmen müsste, dass er in einer Simulation lebt. Man kann unendlich viele Stufen dieser Simulation annehmen (und muss es auch), kommt aber damit nie zu Gott.

Die Krux aller dieser und ähnlicher Argumente besteht darin, dass sie einen unendlichen Regress implizieren: Wenn ein Beweis für einen Schöpfergott logisch widerspruchsfrei ist, müsste dieser Gott diesen ebenfalls akzeptieren – und damit, dass er selbst geschaffen wurde. Er kann dieses Argument für sich zurückweisen, nur kann er das auschließlich aufgrund der Tatsache machen, dass dieses logisch fehlerhaft ist. Aber das bedeutet, dass ich solche Argumente auch nicht akzeptieren sollte.

Das amüsante ist also, dass ich sagen kann: Ich akzeptiere das Argument nicht, weil wenn es gut wäre, müsste Gott es selbst annehmen. Gott aber würde es ablehnen, deswegen an einen Schöpfergott über ihn zu glauben. Ich tue es aus exakt denselben Gründen auch!

Es nützt nichts, wenn der Gläubige das dadurch kontert, dass Gott nun mal »das höchste« sei. Weil diese Behauptung ebenso sinnvoll ist, als wenn man sagt, es gäbe eine »höchste Zahl«, oder ene »größte Zahl«. Entweder, wir haben es mit etwas zu tun, was unendlich ist, dann lässt es sich, gleichgültig, wo es sich auf der Skala befindet, auch noch weiter steigern. Just das ist die Definition von »unendlich«. Oder aber, es lässt sich nicht steigern, wer will dann die Grenze festlegen? Wird diese vom eigenen Vorstellungsvermögen beschränkt, oder dadurch, dass man nicht mehr weiterdenken mag?

Eine Definition von Gott lautet: »Das, worüber hinaus man sich nichts Größeres mehr vorstellen kann«. Meine Entgegnung dazu: Es tut mir leid, zu hören, dass Dein Vorstellungsvermögen so eingeschränkt ist, dass Du den Gott, den Du verehrst, schon für »das höchste« hältst. Ich kann mir ohne Mühe tausende von Göttern vorstellen, die erheblich besser, größer, schöner sind als der christliche Gott. Ein Gott, beispielsweise, bei dem es kein Theodizeeproblem gibt.

»Das, worüber hinaus man sich nichts Höheres hinaus mehr vorstellen kann« ist die Definition von Nichtexistenz.

 

Hängen Raumzeit und Materie/Energie wirklich zusammen?

Ja. Das ist eine eindeutige Aussage der modernen Naturwissenschaft. Die Idee eines absoluten Raums und einer absoluten Zeit ging durch die Relativitätstheorie unter. Stattdessen gibt es Raumzeit, die Längenkontraktion bei hohen Geschwindigkeiten hat eine Änderung des Raums zur Folge. Je höher die Geschwindigkeit, desto langsamer vergeht die Zeit. Außerdem gibt es keine Gleichzeitigkeit. Materie und Energie sind äquivalent, das weiß man seit der Atombombe. Raum entsteht daruch, dass sich Teilchen in etwas bewegen – ohne deren Masse gibt es keinen Raum. Bewegung jedoch setzt wiederum Zeit voraus. Dadurch kommt u. a. die Äquivalenz von Raum und Zeit zustande.

 

Fazit

Halten wir fest:

  1. Jedes  Argument für Gott führt zu einem logischen, unendlichen Regress.
  2. Wenn der Gläubige (oder Gott, meinetwegen) den logischen Regress an einer Stelle willkürlich abbricht, dann ist ein Abbruch an jeder Stelle erlaubt.
  3. Ich breche ihn nur eine Stelle früher ab, weil dies auch ohne in einen unendlichen Regress zu geraten gelingt.
Theologie ist Ignoranz mit Flügeln.

Sam Harris


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